Bericht zur Städtewanderung in Offenburg am 16.2.2025

Wandern in der Geburtsstadt der Verfassung

 

Am Sonntag vor der Wahl besuchten die Städtewanderer des Bürger-Treffs Vaihingen und des Schwäbischen Albvereins Ortsgruppe Enzweihingen Offenburg, die Geburtsstadt der deutschen Verfassungs- und Bürgerrechte. Christine Jeitner hatte die Städtewanderung vorbereitet und führte die Gruppe durch die Stadt. Wie bei jeder Städtewanderung war die Vorstellung der bedeutendsten Wahrzeichen der Stadt auf die Mitwandernden aufgeteilt worden. Als erstes führte der Weg die 32 Mitwandernden zum Waldbachfriedhof, dessen alter jüdischer Teil 300 Grabstellen aufweist. Außerdem Soldatengräber aus beiden Weltkriegen und ein Gräberfeld der Augustiner Chorfrauen. Auch wurden die bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt hier beigesetzt. 2024 fand hier Wolfgang Schäuble seine letzte Ruhestatt. Weiter führte der Weg zum Platz der Verfassungsfreunde, dem ehemaligen Exerzierplatz der Badischen Truppen. Eingerahmt wird der Platz von den damaligen Kasernengebäuden, unter anderem dem Reitstall, dem heutigen Kulturforum. Überragt wird der Platz von der 27 Meter hohen „FreedomMale/Femal-Figur“ des Künstlers Jonathan Borofsky. Das nächste Ziel war die im romanischen Stil zwischen 1906 und 1908 erbaute Dreifaltigkeitskirche. Von hier aus ging es zum ehemaligen Wirtshaus „Salmen“, einem 1787 erstmals erwähnten Bauwerk. Der Komplex war Wirtshaus, Pferdestall, Festsaal, Synagoge, Elektroladen und ist heute ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. 1847 wurde in dem damaligen „Gasthaus Salmen“ Verfassungsgeschichte geschrieben. Die Verfassungsfreunde aus Mannheim, Gustav Struve, Valentin Streuber und Friedrich Hecker, erarbeiteten hier zusammen mit 900 Bürgern die „13 Forderungen des Volkes in Baden“, die Grundlage für die Weimarer Verfassung und die Verfassung der Bundesrepublik. Weiter führte der Weg über das Kapuziner Kloster, einem 1647 fertiggestellten großen Gebäudekomplex, der als einziges den Feuersturm während der Pfälzischen Erbfolgekriege überstand. Über das Ritterhaus, Namensgeber war die Ortenauische Ritterschaft von 1806, ging es zur Mikwe, einem jüdischen Kulturbad aus dem 16.Jahrhundert, das ca. 14 Meter unter dem Straßenniveau liegt und leider nicht besichtigt werden kann. Das nächste Ziel war der Fischmark mit der Hirschapotheke und dem Löwenbrunnen. Danach wurde das Salzhaus aufgesucht, ein Baukomplex aus dem 18. Jahrhundert. Die Stadt hatte früher Salzhandel betrieben und hier das Salz für den Weiterverkauf an die Bevölkerung gebunkert. Weiter führte die Wanderung zur Ursula-Säule, einer Spende der Verlegerfamilie Burda an die Stadt. Direkt gegenüber liegt der Königshof, ein Verwaltungsbau aus dem frühen 18. Jahrhundert mit einem prächtigen Wappen über dem Eingangsportal. Heute dient das Gebäude der Polizeidirektion Offenburg. Das barocke Rathaus wurde Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut, mit Giebelfiguren und Glockenturm. Von hier aus war es nicht weit zum Hotel Sonne, dem ältesten noch bestehenden Hotel der Stadt. Christine Jeitner führte die Wandernden dann zum Vizentiushaus und dem dazugehörigen Garten. Das 1764 erbaute ehemalige Altersheim wurde 2001 von der Aenne-Burda-Stiftung übernommen, renoviert, erweitert und ist heute eine Seniorenwohnanlage. Der im Barock angelegte Vinzentius-Garten grenzt den Komplex der Stiftung zur ehemaligen Stadtmauer ab. Direkt darunter, entlang des Mühlbachs und der noch erhaltenen Stadtbefestigung, liegt der im 19. Jahrhundert angelegte Zwingerpark. Entlang der Wasserspiele wanderte die Gruppe zur Wenk-Treppe, die ab 1909 eine direkte Verbindung zwischen Park und Stadtkern herstellt. Ein weiterer Höhepunkt der Wanderung war der „Ölberg“ vor der Heilig-Kreuz-Kirche. Die Figurengruppe „Ölberg“ stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde in der Form einer gotischen Kapelle gebaut. Die heutige Heilig-Kreuz-Kirche wurde um 1740 auf den Fundamenten der bei dem Stadtbrand 1689 zerstörten alten Pfarrkirche errichtet. Zum Abschluss der Wanderung wurde die um 1864 fertig gestellte evangelische Stadtkirche vorgestellt. Interessant war, dass die damals nur rund 600 evangelischen Bürger der Stadt einen solchen Bau stemmen konnten.

Text: Volker König

Foto: Peter Winterfeldt