Calw, die Hermann-Hesse- und Nagoldstadt

Bei „Kaiserwetter“ war die Städtewandergruppe des Bürgertreffs Vaihingen und der Ortsgruppe Enzweihingen des Schwäbischen Albvereins in Calw zur ersten Städtewanderung 2024 unterwegs. Zuvor war Flexibilität gefragt, weil keine Züge fuhren, wurden kurzfristig Mitfahrgelegenheiten organisiert. Wie bei jeder Städtewanderung hatten die Mitwandernden sich die Objekte entlang der Wanderstrecke erarbeitet und trugen die Ergebnisse dann zielgerichtet vor.

Am Beginn der Tour stellte Volker König den 25 Mitwandernden die Stadt und ihre mehr als 1000jährige Geschichte vor. Danach wanderte die Gruppe  zur Nikolaus-Brücke mit der Nikolaus-Kapelle und der Hesse Statue.

Die Nikolausbrücke ist die ältesten Steinbrücke über die Nagold, sie wurde um 1400 erbaut. Über dem Mittelpfeiler der Brücke steht die gotische Nikolaus-Kapelle, zu Ehren dem Schutzheiligen der Flößer. Unmittelbar daneben wurde 2002 die lebensgroße Hermann-Hesse-Bronzestatue aufgestellt. Am 1947 umbenannten Hermann Hesse Platz erfuhren die Wandernden einiges über das Leben des Künstlers. Zum Beispiel, dass Hesse keineswegs seine gesamte Kindheit in Calw verbrachte, aus beruflichen Gründen wechselte die Familie mehrfach den Wohnort. Nach überlieferten Aussagen von Zeitzeugen hielten ihn die pietistischen Calwer Mitbürger eher für einen „Faulpelz“ als für ein nützliches Mitglied der Stadtgesellschaft. Weil er, von ihm selbst bezeugt, stundenlang auf der Nikolausbrücke stand um zu angeln, anstatt zu arbeiten. Entlang der Badstraße ging es dann zu dem gut versteckten Gerbereimuseum in der ehemaligen Gerberei Balz. Das nächste Ziel war das älteste original erhaltene Stellwerk der ehemaligen Königlichen Württembergischen Eisenbahn am alten Bahnhof, dem heutigen Eisenbahnmuseum. Im Anschluss ging es über die Nagold zurück und auf einem wunderschönen Waldweg hinauf zu den Stadt- und Literaturgärten oberhalb der Altstadt. Die mit Vers-Tafeln versehenen Stehlen säumen die Spazierwege in den Parkanlagen und verführten zum Verweilen. Danach führte der Weg hinunter in die Stadtmitte, vorbei an dem Georgenäum. Das klassizistische Gebäude wurde 1881 eingeweiht und war eine Aus- und Weiterbildungsstätte für Jungen und Mädchen. Heute beherbergt es die Aurelius Sängerknaben. Der Weg führte dann am 1669 erbauten Salzkasten, Stadtschreiberei und Kontor, vorbei zum Marktplatz und dem Rathaus. Das ursprüngliche, 1454 erbaute Rathaus, wurde mehrfach zerstört und in den Jahren 1726 bis 1730 in seiner heutigen Form errichtet. Vom Marktplatz aus wanderte die Gruppe zunächst zu den Resten der ehemaligen Stadtmauer mit dem Wehrgang. Weiter ging es auf dem Nagolduferweg zum Palais Vischer. In dem um 1791 für die reiche Handelsfamilie Vischer erbauten Palais ist heute das Museum der Stadt Calw untergebracht. Nach den vielen Informationen und Eindrücken war eine Mittagspause im Calwer Brauhaus angesagt. Im Anschluss daran ging es an der „Majolica-Wand“ vorbei wieder in die Stadtmitte. Die Motive der aus vielen künstlerisch gestalteten Majolica-Platten bestehenden Wand würdigen die bedeutenden Biologen Josef und Carl-Friedrich von Gärtner. Ihre Arbeiten legten die Grundlagen für die Lehren von Darwin und Mendel. Das nächste Ziel war der Hesse-Garten, eine kleine Oase im Stadtkern mit einem kleinen Bachlauf und vielen Büschen und Pflanzen. An der modernen Stadtbibliothek vorbei ging es zu einem der Wahrzeichen der Stadt, dem „Langen“.

Der „Lange“ ist der einzige noch erhaltene mittelalterliche Stadtturm, der als Gefängnis und als Wachtturm für die Hochwächter (Feuerwache) der Stadt diente. Die Stadtkirche „Peter und Paul“ mit ihrer wechselvollen Geschichte wurde erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt. Sie wurde mehrfach umgebaut und bei den vielen Stadtbränden zerstört. Um1884 stürzten Teile der Kirche ein, weil die weiter verwendeten ausgebrannten Mauern dem Druck des Kirchendaches nicht mehr standhielten. 

Die letzten Ziele der Städtewanderer waren die beiden Marktbrunnen und das Geburtshaus von Hermann Hesse. Die beiden Marktbrunnen wurden um 1522 erstmals als Teil der städtischen Wasserversorgung erwähnt. Ihre heutige Form erhielten sie um 1689, beide Brunnenfiguren tragen die Wappenschilde der Herzöge von Württemberg und das Stadtwappen. Ebenfalls am Marktplatz, direkt gegenüber vom Rathaus, steht das Geburtshaus von Hermann Hesse, er kam hier am 2.Juli 1877 zur Welt. Mit einem Rundblick über den fantastischen Marktplatz mit seinen wunderschönen Fachwerkhäusern endete die Städtewanderung.